Kreishandwerksmeister Ulrich Birkemeyer (li.) und KH-Geschäftsführerin Martina Hannen informierten
MdB Frank Schäffler über die aktuelle Situation im heimischen Handwerk. Trotz stabiler Geschäftslage
leidet die Branche unter erheblichem Fachkräftemangel.
Preuß. Oldendorf/Kreis Minden-Lübbecke. Die Geschäftslage im Handwerk im Kreis Minden-Lübbecke
ist nach Angaben von Kreishandwerksmeister (KHM) Ulrich Birkemeyer und Geschäftsführerin Martina
Hannen derzeit stabil und robust. Stabilisierend wirkten hier vor allem die Strom- und Gaspreisbremsen, die den Betrieben die Kostenkalkulation erleichterten. Belastend wirkten dagegen die anhaltend hohe Inflation und die „herausfordernde Lage“ bei der Besetzung offener Stellen, sagten die beiden Handwerksvertreter im Gespräch mit dem heimischen FDP-Bundestagsabgeordneten Frank Schäffler. Eine Entspannung auf dem Lehrstellenmarkt sei weiterhin nicht in Sicht, hieß es in Preußisch Oldendorf.
Die Kreishandwerkerschaft Wittekindsland betreut den Angaben zufolge in den Kreisen Minden-Lübbecke und Herford insgesamt rund 1.500 Betriebe mit 12.000 Beschäftigten. „Hinzu kommen noch etwa 3.000 Auszubildende“, ergänzte KH-Geschäftsführerin Hannen.
Einig waren sich die Gesprächspartner in der Einschätzung, dass angesichts der anhaltenden Preisexplosion das Bauen in Deutschland teuer bleiben werde. „Mehr und mehr private Bauherren springen bereits ab“, berichtete der Kreishandwerksmeister, der sich vor 30 Jahren als Zimmerermeister selbstständig machte und am Standort Preußisch Oldendorf derzeit 15 Mitarbeitende beschäftigt, darunter vier Auszubildende. Gerne hätte Birkemeyer in diesem Jahr noch weitere Auszubildende eingestellt, doch der Markt sei leergefegt.
Schäffler warnte davor, dass der anhaltende Mangel an Fachkräften mit beruflicher Ausbildung sich schon sehr bald als Wachstumsbremse erweise und zu einer „Gefährdung des Wohlstandes“ werde. Die Beschäftigtenzahlen stagnierten, sagte der Abgeordnete aus Bünde und verwies auf eine Initiative der nordrhein-westfälischen FDP. Sie will laut Schäffler die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung in der Landesverfassung verankern.
Tatsächlich werde eine akademische Ausbildung mehr und mehr zum Regelfall in Deutschland, bestätigte Geschäftsführerin Martina Hannen. Im Jahr 2020 hätten erstmals mehr Jugendliche ein Hochschulstudium aufgenommen als eine berufliche Ausbildung. Neben mehr Wertschätzung braucht es nach Ansicht von Kreishandwerksmeister Birkemeyer auch bessere Rahmenbedingungen für junge Menschen in der dualen Ausbildung. Nach seiner Darstellung gibt es anders als für Studierende etwa für Auszubildende im Handwerk weder Stipendien noch Auslandssemester. Unisono begrüßten die Vertreter aus Politik und Handwerk das landesweite Übergangssystem „Kein Abschluss ohne Anschluss“ (KAoA), von dem alle Jugendlichen profitierten. Die berufliche Orientierung beginne bereits in der Schule „und spezielle Förderangebote unterstützen den Übergang“, erläuterte Hannen. Um verschiedene Berufsfelder zu erkunden, empfahl sie Schülerinnen und Schülern gezielte Praktika in Betrieben.
Foto: Siegfried Mühlenweg